Titel und Hierarchie nur noch auf dem Papier

Unsere (Arbeits-)Welt ist im ständigen Wandel. Dem müssen die Unternehmen Rechnung tragen. Selbstorganisierte Teams sind ein neuer Ansatz. Hierarchie und Titel treten in den Hintergrund. Mymuesli wendet diese neue Form der Selbstorganisation bereits in der Praxis an. Was bedeutet das?

Head of HR nur auf der Visitenkarte

Heike Ehmann ist Head of HR bei mymuesli. Dies dient aber nur dem Verständnis außerhalb des Unternehmens. Sie unterschreibt auch mit diesem Titel. Intern ist sie Lead-Link des circles „Head of HR“. Mymuesli ist mittlerweile selbstorganisiert.

Als lernende Organisation eigenverantwortlich Probleme lösen

Mymuesli fokussiert sich auf die Tatsache, dass jeder Mensch bestimmte Begabungen und Talente hat. Die konventionelle Art, programmatisch mit jedem zu reden und eine „Mutti-Erziehungskultur“ durchzuziehen, d.h. zu sanktionieren und mit althergebrachten Instrumenten zu agieren, ist überholt. Der neue Ansatz gibt jetzt Zeit, zu schauen, mit wem man es zu tun hat. Es geht darum, nicht mehr die Probleme anderer zu lösen. Vielmehr versetzt der neue Ansatz in die Lage, überhaupt erst mal das Problem zu erkennen. Oft ist nämlich gar nicht klar, wo das Problem liegt, es wird häufig nur an Symptomen rumgedoktert.

Holakratie bei der Entscheidungsfindung

Die Unternehmensstruktur von Mymuesli entspricht einer holakratischen Form. Bestandteil sind holakratische Governance meetings, die sich durch ernorme Strukturierung auszeichnen. Sie liefern die Grundlage für Veränderungen. Der klare Ablauf startet mit der Vorstellung der Spannung eines Meetingteilnehmers (Tension): Welche Möglichkeiten zur Auflösung der Spannung wurden beobachtet? Welche Konsequenzen sind zu vermeiden? Es redet immer nur eine Person im Raum, Diskussionen gibt es nicht. In der Runde werden im nächsten Schritt alle Verständnisfragen beantwortet. Danach können alle Teilnehmer Feedback zu diesem Vorschlag geben.

Das zielverhindernde Gegenargument

Im Governance-Meeting ist die zentrale Frage: Spricht etwas dagegen? Trägt jemand etwas vor, das beweisbar dagegenspricht, dann existiert ein zielverhinderndes Gegenargument.Derjenige, der die Spannung eingebracht hat, kann seinen Vorschlag aufgrund des Feedbacks erneut anpassen. Gibt es kein zielverhinderndes Gegenargument, folgt die direkte Aktivierung der Entscheidung. Liegen zielverhindernde Gegenargumente vor, muss die einbringende Person gleichzeitig einen integrativen Beitrag leisten, der wiederum eine Anpassung bedeuten kann. Alle Entscheidungen sind wichtig, sie machen für die Person, die eine Spannung einbringt einen bedeutenden Unterschied: wann immer ein Vorschlag gemacht und angenommen wurde, gibt das der einbringenden Person eine gutes Gefühl, da sie selbst die direkte Veränderung erreicht hat.


Selbstorganisation: ständige Anpassung der Strukturen

Zwölf Jahre nach Gründung will sich mymuesli immer noch den Charakter eines Start-up erhalten. Bis heute verzichtet das Unternehmen weitgehend auf Hierarchie und Managementstufen. Die Antwort auf den Ruf nach Struktur darf nicht Bürokratie sein. HR hat die Aufgabe das Unternehmen so zu organisieren, das es eine Struktur hat, in der sich jeder Einzelne gut aufgehoben fühlt und keine bremsende Bürokratie herrscht. Das ist eine große Herausforderung für die Personalabteilung und alle anderen Bereiche. Heute verzichtet HR auf vorgelagerte Freigabeprozesse. Teams gehen in die Umsetzung, erst dann wird in der Regel geschaut, was passiert, eingegriffen wird hinterher und nur bei Bedarf. HR bei mymuesli hat in jüngster Vergangenheit einzelne Teams und Bereiche befähigt, neue Mitarbeiter eigenverantwortlich zu rekrutieren. Zugleich hält HR die notwendigen Instrumente vor und baut diese weiter aus, um die bedeutenden Prozesse und Entscheidungen messbar zu machen und prüfen zu können.

Advice-Prinzip und Konsultation

Mymuesli lebt das Advice-Prinzip und die Konsultation. Damit ist es möglich, dass einzelne Rollen gestrichen werden. Idealerweise bringt die Person, die die Rolle ausfüllt, selbst in einem solchen Fall die Spannung ein. Es gibt klare Indikatoren, die zeigen, ob das Ziel des lernenden Organismus erreicht ist. Die Mitarbeiter kreieren ständig eigene Indikatoren und fragen sich immer wieder: was ist mein nächster Schritt, um meiner Zielsetzung näher zu kommen? Damit lassen sich Stück für Stück Ziele und Ergebnisse definieren. Anhand der erkannten Kriterien ist eine Messbarkeit möglich. Die Ergebnisse lassen sich in den eigenen Lernprozess einbringen. So sehe ich, welches Ziel ich erreicht habe, und welches nicht. Das ermöglicht eine Fokussierung – die immer wieder nachjustiert werden kann.

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