Positives Denken bedarf nicht zwangsläufig der Interaktion mit anderen. Vielmehr noch bringt es einen hohen Erkenntnisgewinn: Du musst dich mit deinen individuellen Grundeinstellungen und Denkmustern auseinandersetzen, um die eigene Umwelt in positiver Weise zu beeinflussen. Die tiefliegenden Überzeugungen stoßen unbewusst und bewusst Wirkungskreise an, die auf die eigenen Wahrnehmungsstrukturen und Handlungsoptionen einen großen Einfluss ausüben. Die Selbstmanagementkompetenzen zeigen sich im Umgang mit Erfolgen und Niederlagen. Diese beeinflussen das Ausmaß der Wertschöpfung im Managementalltag.
Unser Gehirn die unbewusste Macht
Unser Gehirn bestimmt unsere Handlungen. Angeborene und über viele Jahre angesammelte Erfahrungen führen zu fast blinden innerem Vertrauen. Natürlich versuchen wir oft bewusst, unser Verhalten zu kontrollieren. So nehmen wir uns ganz fest vor, schon ab morgen keine Chips mehr vor dem Fernseher zu essen, um nicht weitere Pfunde aufzubauen und gesünder zu leben. Allerdings lenkt uns das Gehirn die meiste Zeit mehr, als wir bewusst wahrnehmen – und das macht Sinn! Stelle dir nur mal vor, du würdest über jede automatisch ablaufende Handlung intensiver nachdenken. Der Tag müsste weit mehr als 24 Stunden haben. Unser Gehirn ist ein Wunderwerk der Natur. Es erkennt viele Dinge, bevor wir sie bewusst wahrnehmen.
Auch die Forschung belegt die Macht des Unbewussten. Das Thema der Entscheidungsfindung wurde vom deutsch-britischen Forscher John-Dylan Haynes genauer betrachtet. Grundlage seiner Forschung bildet das bekannte Libet-Experiment. Benjamin Libet hat im Jahr 1979 intensive Diskussionen um den freien Willen des Menschen ausgelöst. Er fand damals heraus, dass im Gehirn bereits einige Millisekunden vor der bewusst ausgesprochenen Entscheidung Nervenaktivitäten im motorischen Kortex stattfinden. Dieser Versuchsaufbau wird von Haynes und seinen Mitarbeitern unter Verwendung neuester Technik erweitert. Die teilnehmenden Probanden wurden in einen Kernspintomografen geschoben. Mit Hilfe der Analyse der aktivierten Hirnareale der Teilnehmer konnten bereits sieben Sekunden vor der Entscheidung durch die Forscher festgestellt werden, ob die Personen einen Knopf mit der linken oder der rechten Hand drücken würden. Neuronale Aktivitäten zeigen also eine bewusste Entscheidung, noch bevor sich die Personen selbst klar über die eigene Entscheidung sind. Das ist wirklich Phänomenal!
Steht bereits sieben Sekunden vor einer bewussten Handlung fest, welche Hand einen Knopf betätigt, so scheint es klar, dass auch komplexe Abwägungsprozesse und Handlungen, die wir bewusst ausführen, einem Einfluss durch unbewusste Tendenzen ausgesetzt sind. Piotr Winkielman und Kent Berridge haben genau diesen Ansatz weiter erforscht. Sie untersuchten das Gebiet der Emotionen, d.h. die Beeinflussung der aktuellen Gefühlslage. Gefühle sind in der klassischen Betrachtung per Definition etwas Bewusstes. Du kannst gewöhnlich benennen, wie du fühlst. Du kannst sagen, ob du gerade glücklich, neutral oder traurig gestimmt bist. Den Probanden wurden von den Forschern neutrale Gesichter zur Betrachtung auf einem Computerbildschirm gezeigt. Diese mussten als männlich oder weiblich erkannt werden. Zwischen den zu klassifizierenden Gesichtern blendeten die Forscher für 16 Millisekunden traurige, neutrale oder fröhliche Gesichter ein. In einer derart kurzen Zeit ist für den Menschen keine bewusste Wahrnehmung möglich.
Nach der Beendigung der Klassifizierungsaufgabe bewerteten die Teilnehmer die eigenen Emotionen auf verschiedenen Skalen, die die Laune von schlecht bist gut beschrieben oder von sehr wütend bis gar nicht wütend reichten. Zwischen den Probanden gab es keinen Unterschied bei der bewussten Bewertung der Gefühle, ganz egal ob sie unbewusst mit wütenden, neutralen oder fröhlichen Gesichtern in Berührung kamen. Die Manipulation wurde allerdings in Zusammenhang mit dem Trinkverhalten der Personen zu einem Getränk deutlich, dass den Teilnehmern im Anschluss angeboten wurde: Diejenigen, die frohe Gesichter unbewusst wahrnahmen, tranken mehr und zahlten einen höheren Preis für die Getränke als die Probanden, die wütende Gesichter zu sehen bekamen. Besonders stark war der Effekt, wenn die Teilnehmer Durst hatten. Schlussfolgerung hieraus war für die Wissenschaftler, dass Entscheidungen zu unserem Konsumverhalten durchaus durch Gefühle beeinflusst werden können – Menschen können diese Emotionen aber noch nicht mal bei bewusster Nachfrage nennen.
Mentale Symphonien schaffen
Stellen wir uns eine Symphonie vor, in der die verschiedensten Töne auf komplexe und stimmige Weise im Einklang stehen. Das Produkt dieses Einklangs stellt das Optimum dar. Unser Ziel muss es sein, mentale Symphonien zu schaffen, um im Zusammenwirken von bewussten und unbewussten Prozessen ein Optimum zu erzeugen. Selbstmanagement im Sinne des Positiv-Effekts meint in diesem Kontext, bewusst an Gedanken zu arbeiten, um die eigenen unbewussten Handlungstendenzen langfristig zu beeinflussen. Konfuzius hat dazu diese weisen Worte gefunden:
„Achte auf deine Gedanken, denn sie werden zu Worten. Achte auf deine Worte, denn sie werden zu Handlungen. Achte auf deine Handlungen, denn sie werden zu Gewohnheiten. Achte auf deine Gewohnheiten, denn sie werden dein Charakter. Achte auf deinen Charakter, denn er wird dein Schicksal.“
Die Katastrophe im Kopf
Unser Gehirn neigt dazu, Negatives in den Vordergrund zu stellen. Positives drängt es aus dem Blickfeld. Martin Seligman, ein bekannter amerikanischer Psychologe, spricht in diesem Zusammenhang von einem „katastrophischen Gehirn“, das zu schlimmsten anzunehmenden Interpretationen neigt. Unsere Evolutionsgeschichte liefert eine Erklärung für diese Tendenz zur Schwarzmalerei: Unsere Vorfahren mussten in der Lage sein, Gefahren und Risiken einzuschätzen, um zu überleben. Dieses gedankliche Erfassen der Situation musste vor einer Handlung erfolgen. Wurden Risiken unterschätzt, konnte das damals schnell den Tod bedeuten. Gefahren gehörten zum Alltag, und das spüren wir noch heute: Unser Gehirn tendiert zu Problematisierung, Positives wird nahezu erstickt oder an den Rand des eigenen Bewusstseins gedrängt. Negative Informationen werden deutlich sorgfältiger verarbeitet als positive, und selbst herausragende positive Ereignisse, die beflügeln, verblassen relativ schnell wieder.
Positive Gefühle als Aufwärtsspirale
Die sich selbst verstärkende Wirkung positiver Emotionen wurde von der Wissenschaftlerin Barbara L. Fredrickson untersucht. Den langfristigen emotionalen Einfluss positiver Gefühle und Leistungen auf die eigene Wahrnehmung verdeutlicht sie in ihrer Broaden-and-build-Theorie. Die Forscherin findet heraus, dass positive Emotionen selbstverstärkend wirken und auf die unterschiedlichsten Lebensbereiche Einfluss nehmen. Dabei handelt es sich nicht um punktuelle Ereignisse, sondern um Gefühlsausprägungen, die dauerhaft Energie spenden. Die heitere Grundstimmung wirkt ansteckend, sie weckt auf und aktiviert. Das führt zu einer Aufwärtsspirale positiver Gefühle in uns, die sich durch die Tatsache reproduziert, dass eine gesteigerte Wahrnehmungsfähigkeit gleichzeitig eine höhere Anzahl an Ideen hervorbringt. Aus mehr Ideen resultiert mehr Begeisterung und die Wahrscheinlichkeit von Erfolgserlebnissen erhöht sich. Es kann sogar so weit gehen, dass bei unseren Mitmenschen ein ähnlicher Effekt ausgelöst wird. Steckt also eure Mitmenschen mit positiver Energie an. Am Ende profitieren alle davon!
Verändere deine Gewohnheiten
Positive als auch negative Erlebnisse werden stark von der eigenen Erwartungshaltung und den erlernten Reaktionsmustern auf bestimmte Ereignisse beeinflusst. Menschen reagieren mit bestimmten Verhaltensweisen auf Situationen aufgrund von Vorerfahrungen. Handlungen lassen sich entscheidend durch verschiedene Formen von Reizen (z.B. visuell oder akustisch) beeinflussen. Du musst deinen Geist umprogrammieren, sofern du nicht immer wieder in ungewollte alte Verhaltensweisen zurückfallen möchtest. Wie schaffst du nachhaltige Veränderungen in deinen Denkmustern? – Tue zwei Dinge:
- Versuche nicht, alte Denkmuster abzuschaffen oder aktiv zu ändern. Schaffe dir lieber neue Gewohnheiten, statt in den Kampf mit alten Gewohnheiten zu gehen!
Es ist sinnvoll, alte Gewohnheiten mit neuen Gewohnheiten, die nützlich erscheinen, zu kombinieren. Greifst du bei Frust gerne mal zur Schokolade, dann kombiniere das doch in Zukunft mit einem Spaziergang an der frischen Luft. So kommst du in Bewegung, ohne dass du auf deine Schokolade verzichten musst. Behälst du dieses Verhalten lange genug bei, wird schon bald auch der Gang an die frische Luft zum Ritual. Du kannst deine ungeliebte Gewohnheit sukzessive reduzieren. Dabei hilft es dir, wenn du dich selbst belohnst. Schaffe dir konkrete Anreize für eine bestimmt Tätigkeit, und sorge dafür die positive Auswirkung direkt nach Erledigung zu spüren. Jetzt reduzierst du nach und nach Belohnung und setzt sie nur noch nach jeder zweiten oder dritten Ausübung der neuen Tätigkeit ein. Erschaffe Verlangen nach der neuen Tätigkeit, dann wird sie zur Gewohnheit!
Positiver sozialer Druck ist ein weiterer unterstützender Faktor. Erzähle Freunden und Kollegen von deinem neuen Vorhaben oder verabrede dich mit ihnen, um die neue Tätigkeit gemeinsam durchzuführen. Scheitern zuzugeben oder zu kneifen wird dir unangenehm sein. So kombinierst du die eigene Motivation mit Ansporn von außen.
- Mach die 3 zu deiner Lieblingszahl: Folge der 3-zu-1-Regel. Schaffe drei Mal so viele positive Erlebnisse wie negative Erfahrungen. Halte neue Gewohnheiten drei Monate durch – dann sind sie Routine!
Negative Erlebnisse und Rückschläge lassen sich nicht verhindern, sie gehören zum Leben. Barbara L. Fredrickson hat im Rahmen der zuvor beschriebenen Studien herausgefunden: Solange du dreimal so viel Positives wie Negatives erlebt, bleibst du Positiv! Unser Gehirn erinnert negative Erlebnisse besser als Positive. Also ergreife Gegenmaßnahmen! Du bekommst eine ärgerliche E-Mail? Nicht aufregen! Trinke einen guten Kaffee oder Tee, schreib einem lieben Freund auf What´s App und genieß einen kurzen Spaziergang an der Luft. Komm erst mal runter.
Die Wissenschaftlerin Philippa Lally stellte fest, dass die Zahl drei uns auch auf anderem Gebiet behilflich ist: Sie bat 96 Freiwillige darum, über drei Monate eine gesundes Ess- oder Bewegungsverhalten auszuführen. Es dauerte ungefähr drei Monate, bis ein neues Verhalten zum Automatismus wurde. Also, welche neue Verhaltensweise ist für dich in 3 Monaten Routine?
Inspiration zu diesem Beitrag: Sven C. Voelpel, Fabiola H. Gerpott: Der Positiv-Effekt