Roboterkollege – was für den Mensch bleibt

Diese Diskussion kennen wir seit geraumer Zeit. In Deutschland sprechen wir häufig von der Angst fortschreitender“Robotisierung“, oft auch Industrie 4.0 genannt. Im Norden Europas sieht man das anders und gestaltet schon heute die Zukunft.

International herrscht große Angst, dass es zum Verlust von Industriearbeitsplätzen kommt. In Dänemark nicht: hier gelten Roboter als Chance. Claus Jensen, Chef der dänischen Industriegewerkschaft Dansk Metal vertritt den Standpunkt, dass Industriearbeitsplätze nur dann in Westeuropa gehalten werden können, wenn Prozesse weiter konsequent automatisiert werden. Das macht produktiver und hilft hohe Löhne in Dänemark auszugleichen. Die Mitglieder von Metal verdienen im Schnitt fast 60.000 Euro im Jahr. Claus Jensen stellt weiter die (rhetorische) Frage, ob es ein Land gibt, dem es gut geht und das auf alte Technik setzt.

Offenheit in EU-Ländern sehr unterschiedlich

Dänemark ist laut Statistikbehörde Eurostat das einzige EU-Mitglied, in dem die Arbeitskosten im Schnitt über 40 Euro pro Stunde liegen. Es lohnt sich also aus diesem Grunde sehr schnell, Personal durch Maschinen zu ersetzen. Interessant ist, dass Dänemark direkt nach den Niederlanden und noch vor Finnland und Schweden das EU-Land ist, in dem die wenigsten Menschen Angst davor haben, dass Roboter denMenschen die Arbeitsplätze wegnehmen. Das von der EU in Auftrag gegebene Ranking führt Deutschland auf Platz 17.

Mehr Arbeitsplätze und Zukunftsperspektive durch Digitalisierung: Linak

Linak, ein dänischer Produzent von Kleinmotoren, unter anderem für elektrisch höhenverstellbare Tischbeine, erteilte den Mitarbeitern zur Einführung neuer Maschinen einen zweiwöchigen Kurs. Bei Bedarf konnten die Mitarbeiter diesen auch verlängern. Die Automatisierungsstrategie für die Tischbeinproduktion enthielt geplante Investitionen von 5,3 Millionen Euro über drei Jahre. Die Anschaffung von einen gutem Dutzend Robotern und die Reduzierung von 40 Mitarbeitern waren Teil des Plans. Letztendlich wurden in den genannten drei Jahren 10 Millionen Euro investiert und 25 Roboter angeschafft. Dafür sind bestimmt noch mehr Mitarbeiter abgebaut worden, denkst du sicher jetzt. Da liegst du falsch. Die Zahl der Mitarbeiter stieg. Linak ist schneller, preiswerter und qualitativ noch besser geworden. In allen drei Kriterien schlägt das Unternehmen die chinesischen Konkurrenten. Die Produkte sind mehr gefragt denn je zuvor. Wirklich erstaunlich, die geschilderte Ausgangssituation klingt nach einem klaren Fall für Produktionsverlagerung in Billiglohnländer. Linak stellt ein einfaches, simples Produkt her. Es handelt sich um Aktuaotoren: Motoren, die aufgrund von elektrischen Signalen Bewegungen ausführen. Schon erstaunlich, dass der Weltmarktführer für ein solches Produkt nicht aus dem asiatischen Raum kommt, sondern aus Dänemark. Ein Grund dafür sind die installierten Roboter!

Was Unternehmen bei der Automatisierung beachten sollten

Für Torben Levisen, Operations Manager bei Linak, und damit einer der Hauptverantwortlichen für die Automatisierung, ist die Beteiligung der Mitarbeiter der wichtigste Punkt. Die komplette Umstellung sollte unter Einbeziehung der Mitarbeiter geplant und auch durchgeführt werden. Der Widerstand der Teams lässt Veränderungsprojekte grundsätzlich scheitern! Die dänischen Gewerkschaften haben darüber hinaus verstanden, dass es keine grundlegenden widersprüchlichen Interessen zwischen Arbeit und Kapital gibt. Die Mitarbeiter haben sogar den Einsatz der Roboter gefordert. Die Arbeit, die von Robotern übernommen wird, reduziert den Anteil der eintönigen und anstrengenden Arbeitsprozesse für den Menschen. Übernehmen Maschinen diesen Part, führt das zur Entlastung der Mitarbeiter auf dieser Stelle. Die Arbeit in der Produktion ist physisch ziemlich hart. Die intensivere Einbindung von Robbis verlangt einen deutlich höheren Einsatz des Kopfes zur Erledigung der Arbeit.

Der Einsatz von Robotern außerhalb der Produktion

Auch in Branchen, in denen Akademiker die Produkte herstellen, werden in Nordeuropa Roboter genutzt. Der frühere Journalist Sören Karlsson arbeitet im schwedischen Malmö daran, Artikel von Computern erstellen zu lassen. Rosalinde, das ist der Name, den er seiner Software gegeben hat, erstellt vollautomatisch kurze Sportberichte. Das biete dem Kunden einen deutlichen Mehrwert – und zerstöre nicht unmittelbar Arbeitsplätze. Es wird laut Karlsson auf diese Weise möglich, wieder über Spiele niedrigerer Ligen zu berichten. Das wurde früher mal eingestellt, da es zu aufwendig und teuer wurde. Heute lassen sich auf diese Art neue Leser gewinnen. Die Arbeitnehmer sehen es auch hier positiv – übernehmen Roboter die traditionelle Ergebnisberichterstattung, sind für andere Arbeiten Personal und Ressourcen vorhanden (z. B. Recherche über Doping oder Matchfixing). So lässt sich das Interesse der Sportjournalisten, das Themenspektrum in ihrer Berichterstattung zu erhöhen, ausweiten. Dänemark möchte das Land sein, das am meisten Roboter hat. Dort sollen die höchsten Entgelte bezahlt werden, und das geht nur mit hoher Produktivität. So sieht es der Gewerkschaftschef Jensen.

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