Mitarbeiterloyalität – wie wir´s möglich machen

Jahrzehntelange gute Beziehungen untereinander sind eine echte Rarität. Auf die Arbeitswelt bezogen zeigt sich: Über Festanstellungen liegt eine Vorläufigkeit und Überschaubarkeit. Der ständige Wechsel ist längst zur Normalität geworden. Ständig muss Neues produziert und erlebt werden. In manchen Organisationen und Branchen entspricht die Fluktuationsrate der eines Schnellrestaurants. In diesem Beitrag beschäftige ich mich näher mit der Frage, was Loyalität in der heutigen Zeit bedeutet.

 

Loyalität braucht Zeit

In den Führungspositionen ist die durchschnittliche Verweildauer eines CEO weniger als fünf Jahre. Sales- und Marketingleiter gehen im Schnitt schon nach zwei Jahren wieder weg. Bei solchen Rahmenbedingungen ist es nicht verwunderlich, dass die Mitarbeiterloyalität auf der Strecke bleibt.
Loyalität wächst zwischen Menschen. Um wachsen zu können benötigt sie Zeit. Sie beruht auf Gegenseitigkeit, ist keine Einbahnstraße. In Sekundenschnelle ist sie durch falsches Führungsverhalten zerstört.
Wird Loyalität überhaupt noch gebraucht? Oder ist sie vielleicht nicht mehr zeitgemäß? – Unbedingt brauchen wir Loyalität! Es ist von großer Bedeutung auf diejenigen zu setzen, die schon da sind. Dies verstärkt sich durch die Tatsache, dass es immer schwieriger wird, gute neue Mitarbeiter zu finden. Blicken wir auf das Thema Demografie, so spielt im Unternehmen der Zukunft die Loyalisierungskraft eine besondere Rolle. Nach dem Fraunhofer-Institut und Sven Gabor Janszky zeigen sich grundsätzlich zwei Richtungen von HR-Strategien. Organisationen entwickeln sich zu „Caring Companies“ oder „fluide Unternehmen“.

 

Caring oder Fluid – wozu gehört dein Unternehmen

Caring Companies verfügen über einen hohen Anteil fest angestellter Mitarbeiter. Diese Unternehmen müssen mit allen Mitteln versuchen, die Mitarbeiter, die sie behalten wollen, so lange wie möglich an das Unternehmen zu binden. Ziel ist es, die ungewollte Mitarbeiterfluktuation auf ein Minimum zu reduzieren.

Grundsätzlich stellt sich die Frage: Wie bleibt unser Unternehmen nicht nur dauerhaft leistungsfähig, sondern auch lebens-, liebenswert & loyalitätswürdig.
Fluide Unternehmen beschäftigen nur eine relative kleine Kernbelegschaft und einen hohen Anteil an Mitarbeitern mit befristeten Arbeitsverhältnissen. Für die Zeit der Zusammenarbeit gilt es, Loyalität für die gemeinsame Zusammenarbeit aufzubauen. Die Besten möchten wir dazu bringen, bei Bedarf für weitere Projekte wiederzukommen.

Hier stellt sich die Schlüsselfrage: Wie schaffen wir es, nicht nur unsere externen Mitarbeiter schnellstmöglich leistungsfähig zu machen, sondern auch Fans und Multiplikatoren am Markt zu gewinnen?

Wie ist Loyalität heutzutage zu definieren? Welche Formen gibt es? Wie lässt sich Loyalität erhalten? Womit zerstört man sie? Was bringt sie den Unternehmen?

 

Aktuelle Bedeutung der Loyalität

Loyalität ist nicht an einen Arbeitsvertrag gebunden. Es ist nicht möglich, sie zu erkaufen, sie ist nicht einzufordern und lässt sich nicht erzwingen. Loyalität ist ein Geschenk aus freien Stücken. Loyalität ist eine starke innere Haltung. Mitarbeiter, die loyal sind, sind ihren Arbeitgebern nicht nur physisch, sondern vor allem im Herzen treu. Diese Mitarbeiter sind produktiver und engagierter. Sie denken über das Wohl der Firma nach. Sie können sich in besonderem Maße mit dem Unternehmen identifizieren und denken im Interesse des Unternehmens. Sie sind Markenbotschafter der Firma, sie sprechen gut über das Unternehmen. Die tiefenloyalisierten Mitarbeiter sind zweifellos die wertvollsten Mitarbeiter – Und: Sie sind bei der Konkurrenz besonders gesucht!

Mitarbeiterloyalität heißt

  • Freiwillige und nachhaltige Treue
  • Freude an der Arbeit und herausragendes Engagement
  • Unternehmerisches Handeln und besondere Ambitionen
  • Identifikation und emotionale Verbundenheit
  • Aktive positive Mund-zu-Mund-Werbung

Durch Anziehungskraft und Vertrauen entsteht solche Loyalität. Mit Druck und Zwang ist das nicht möglich. Dies lässt sich auf ganz unterschiedlichen Wegen finden: Leistungsbereitschaft, Fairness, Verlässlichkeit, Aufrichtigkeit, Leidenschaft und Integrität. Dies gibt es nicht zum Nulltarif. Mitarbeiterloyalität muss sich das Unternehmen immer wieder neu verdienen.
Verstehe ich Loyalität falsch, beruht das auf blindem Gehorsam – das kann bis zur Selbstaufgabe gehen. Sie vertusche unkorrektes Verhalten und deckt unlautere Machenschaften auf. Jedes Mühsal lässt sich mit ihr erdulden, sie sitzt alles aus.

Ist ein Mitarbeiter in diesem Sinne loyal, so tritt er sogar für die Interessen des Arbeitgebers ein, auch wenn er sich persönlich angreifbar macht. Er verzichtet auf das Verfolgen egoistischer Ziele, widersprechen diese dem Unternehmenszweck.

 

Loyalität ist mehr wert als Bindung

Hierbei geht es um Maßnahmen, die ein Unternehmen aktiv einleitet, um die wertvollen Mitarbeiter zu halten. Loyalität basiert auf ethischen Werten. Kommt es zum Bruch des Vertrages, kommt es zur inneren Kündigung. Die Bindung des Mitarbeiters ist in dreierlei Hinsicht möglich:

  • Emotional
  • Faktisch
  • Monetär

Emotionaler Bindung kann auf zweierlei Weise entstehen: normativ und behavioral. Äußere emotionale Aspekte wie z.B. der kurze Arbeitsweg oder flexible Arbeitszeiten stehen für die behaviorale Bindung. Mit normativer Bindung ist die aus einer inneren Verpflichtung heraus entstehende Loyalität gemeint.

Die faktische Bindung, durch einen juristischen Arbeitsvertrag geregelt, steht ganz besonders für Abhängigkeit und An-die-Kette-Legen. Als Untergruppe lässt sich die kalkulative Bindung nennen. In dieser Zusammenhang erhofft sich der Mitarbeiter Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegsmöglichkeiten.

Finanzielle Interessen stehen bei monetärer Bindung im Vordergrund. Aber auch goldene Handschellen in Form von Boni, Optionen und Gratifikationen können keine Loyalität erzwingen. Loyalität funktioniert wie eine Freundschaft: Sie kommt von Herzen. Und dazu muss der Funke zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter überspringen. Loyalität braucht vor allem ein positives Beziehungskonto.

 

Der Mitarbeiter geht auf Reisen: kommen, bleiben, gehen

Alles beginnt mit der Auswahl der richtigen Leute. Rekrutiere ich Menschen mit niedrigem Loyalitätspotenzial, ist es nicht weiter verwunderlich, suchen diese schnell das Weite. Der US-amerikanische Onlinehändler Zappos verfährt so:
Haben neue Mitarbeiter die Trainingswoche im Callcenter hinter sich, erhalten sie 4000 Dollar, wenn sie das Unternehmen verlassen wollen. Die Mitarbeiter sollen den Job lieben, nicht das Geld, das sie mit ihm verdienen.

 

Wem bin ich loyal verbunden

Loyalität kann sich dann am besten zeigen, wenn die Werte eines Unternehmens und die eigenen persönlichen Werte als Mitarbeiter in sehr hohem Maße übereinstimmen. Kann ich mich voll und ganz mit dem Unternehmen identifizieren, kann ich mir selbst treu sein.
Grundsätzlich lassen sich zwei Formen der Loyalität unterscheiden: die Loyalität gegenüber mir selbst, also nach innen, und die Loyalität gegenüber anderen, nach außen. Von außen betrachtet unterscheiden wir vier Loyalitäten:

  • Loyalität zum Unternehmen
  • Loyalität zur direkten Führungskraft
  • Loyalität zu Kollegen und Ansprechpartnern
  • Loyalität zur eigenen Arbeit

Das Karriereportal Monster hat eine Onlineumfrage gemacht und die Frage gestellt: „Wem gegenüber sind Sie bei der Arbeit am loyalsten?“ Hier die Antworten:

  • Mir selbst: 33%
  • Meinem Team: 32%
  • Meinem Unternehmen: 19%
  • Meinem Chef: 10%
  • Niemandem: 6%

Die mangelnde Loyalität gegenüber dem Vorgesetzten fällt vor allem in Deutschland ins Auge. Mit sieben Prozent ist das der niedrigste Wert in Europa. Wenn Führungskräfte in schnellen Schritten durchs Unternehmen „gelotst“ werden erscheint das logisch. So kann keine Loyalität nach oben entstehen. Werden Teams, die sich gerade finden immer wieder auseinandergerissen, kann keine Verbundenheit wachsen. Ständige Strukturveränderungen und nicht enden wollende Change-Projekte, die auf Mitarbeiter wahllos einprasseln, geben dem Aufbau von Loyalität keine Chance. Herrscht eine Phase der Hektik, braucht es danach ausreichend Ruhe, damit die Menschen sich aneinander gewöhnen können. Soziale Beziehungen müssen gepflegt werden.

 

Anne M. Schüller: Das Touchpoint Unternehmen